03.09.2018

ROTE RADLER – 21 FRANKFURTER ARBEITERRADSPORTVEREINE DES ARKB SOLIDARITÄT

Mittwoch 19. September 2018, 18.30 Uhr
Vereinsheim des RMSV Soli Fechenheim 1896 e.V., Am Mainbörnchen 3, 60386 Frankfurt
ÖPNV: Linie 11 – Endhaltestelle Schießhüttenstraße

BEGRÜSSUNG UND GRUSSWORTE:
Kurt Breitenbach, Vorsitzender RMSV Soli Fechenheim 1896 e.V.
Frank Zeiler, Geschäftsführer der Bundesgeschäftsstelle des RKB „Solidarität“ Deutschland 1896 e.V.
REFERENT:
Ralf Beduhn – Sporthistoriker und Chronist des RKB „Solidarität“ Deutschland 1896; bekannt durch vielfache Publikationen, Fachartikel und Vorträge

Mit 5000 Ortsgruppen und weit über 300.000 Mitgliedern war der 1896 in Offenbach gegründete Arbeiter-Radfahrerbund „Solidarität“ vor 1933 nicht nur größer als alle bürgerlichen und konfessionellen Radfahrer-Vereinigungen in Deutschland zusammen, sondern der größte seiner Art weltweit. Alleine im Frankfurter Stadtgebiet gab es 21 Vereine der Roten Radler, wie sie auch genannt wurden.

Eine strikt breitensportlich ausgerichtete Radkultur, verbunden mit politischem Engagement zugunsten der Sozialdemokratie (z.B. Kurierfahrten bei Wahlkämpfen, Werbeaktionen in ländlichen Regionen) entsprachen den alltagskulturellen und politisch-sozialen Interessen großer Teile der Arbeiterbevölkerung.

Nach der Novemberrevolution von 1918 entwickelte sich der mit Anwachsen der Motorradsparte, in Arbeiter-Rad-und Kraftfahrerbund (ARKB) „Solidarität“ 1928 umbenannte Verband zur „Großmacht Solidarität“ (Titel eines leider verschollenen Films), bevor er im Frühjahr 1933 von den Nazis brutal unterdrückt und zerschlagen wurde.

Im Unterschied zu dem Arbeiter-Turn-und Sportverband gründete sich der Bund „Solidarität“ ebenso wie Der Touristenverein „Die Naturfreunde“, der vor 1933 ebenfalls Teil der Arbeitersportbewegung war, nach 1945 wieder und existiert als RKB Solidarität bis zum heutigen Tage; in Frankfurt am Main als einziger Verein der RMSV Soli Fechenheim 1896 e.V.

Bereits in der Gründungsphase des AR(K)B „Solidarität“ spielten Radler aus Frankfurt/M. und Offenbach/M. eine wesentliche Rolle. Auf dem Gründungskongress während der Pfingsttage 1896 in Offenbach/M. waren unter der kleinen Zahl an Delegierten aus 12 Orten des deutschen Reiches mit Kademann aus Frankfurt-Bockenheim und Stapf aus Offenbach/M. Repräsentanten bereits bestehender Arbeiter-Radfahrer-Vereine vertreten. Ein Verzeichnis der im Juli 1896 angeschlossenen Vereine listet u.a. „Frisch auf“ Frankfurt/M. und „Union“ Offenbach/M. auf. Im Jahr darauf, auf dem 2. Bundestag des ARB „Solidarität“ in Altenburg, wird in der Delegiertenliste der 31 dort vertretenen Bundesvereine u.a. August Forschner aus Frankfurt/M. genannt. Forschner fungierte dann 1898 sogar kurzzeitig als Bundesvorsitzender.

Ihre Glanzzeit erlebten die Roten Radler aus Frankfurt/M. dann sportlich und organisatorisch in den 20er Jahren. Das unterstreicht nicht nur die Tatsache, dass über 3000 Radlerinnen und Radlerinnen in bis zu 21 Vereinen (sog. Abteilungen) im Frankfurter Stadtgebiet dem ARKB „Solidarität“ ange-schlossen waren. Sondern hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass bei der Arbeiter-olympiade 1925 zwei Kunstrad-Formationen aus Frankfurt/M., und zwar aus den Vereinen Bockenheim und Oberrad, Olympiasiege errangen.

Die heraufziehende Weltwirtschaftskrise ab Ende der 20er Jahre zeigte dann auch ihre Auswirkungen auf die Frankfurter „Solidaritäts“-Vereine. So stellte der Bezirksleiter des 5. Bezirks, zu dem auch Frankfurt/M. gehörte, Anfang 1933 fest:“ Am Ende des Jahres 1932 haben wir einen Mitglieder- verlust zu buchen. Viele Ortsgruppen haben bis zu 80 Prozent arbeitslose Mitglieder.“

Wenige Wochen später hatte der ARKB „Solidarität“ aufgehört zu existieren. Anfang März 1933 wurden der Bundeszentrale in Offenbach/M. sämtliche Konten gesperrt und damit der Geschäftsbetrieb lahmgelegt. Kurz darauf wurden das Bundesbüro und die verbandseigenen „Frisch auf“- Fahrradwerke von Gestapo und SA besetzt und zwangsweise in das Eigentum des 'Volksstaates Hessen' überführt.

Ebenso wurden die Geschäftsstellen der 22 Gaue und 243 Bezirke des Bundes „Solidarität“ geplündert, darunter über 20.000 Saalräder. Zahllose „Solidaritäts“- Mitglieder wurden bedroht, misshandelt und inhaftiert, einige von ihnen leisteten in der Folgezeit antifaschistischen Widerstand.

Die Reihe Spuren des Sports in Frankfurt ist ein Kooperationsprojekt des Sportkreis Frankfurt e.V. mit dem Eintracht Frankfurt Museum und dem Arbeitskreis Sport und Geschichte im Landessportbund Hessen. Sie wird gefördert durch das Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main, die Veranstaltung Rote Radler wird gefördert durch den RKB Solidarität Deutschland 1896 e.V.

Foto im Slider: Die Roten Radler im Festzug der 1. Internationalen Arbeiterolympiade 1925 in Frankfurt

Zu den weiteren Veranstaltungen, Flyer und Plakat

© Sammlung D. Church

Werbeanzeige des ARKB Solidarität Ende der 1920er Jahre

Postkarte ARB Solidarität 1911 © RMSV Soli Fechenheim